Die Leber speichert Blut, nährt und befeuchtet
Wenn der Körper am Tag aktiv ist, fließt das Blut in die Muskeln und in das Gehirn. Dass die Zusammensetzung des Blutes stimmt, die richtigen Nährstoffe enthalten sind und dass es zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist, dafür sorgt die Leber. Zu ihr fließt das Blut in der Nacht zurück, sie speichert es. Es wurde ja hier schon erwähnt, dass es bei der chinesischen Medizin um medizinische Modelle und Funktionskreise geht. Dies darf man nicht verwechseln mit den Organfunktionen nach westlicher Auffassung.
Die Leber kontrolliert den Qi-Fluss
Nach TCM sorgt sie auch für einen problemlosen Ablauf der weiblichen Regel, für das Befeuchten von Augen und Sehnen und für ein klares Hautbild.
Die Leber reguliert nach chinesischer Auffassung den ungehinderten Qi-Fluss im ganzen Körper, dass er harmonisch ist und in Bewegung bleibt. Ist das Qi in Bewegung, fühlen wir uns gut und heiter. Wir haben Ideen und Pläne und es fällt uns leicht, diese umzusetzen.
Die berühmte Laus & die Leber-Qi-Stagnation
Ist unser Qi anfällig für Blockaden, so entstehen öfters sogenannte Leber-Qi-Stagnationen, und zwar immer dann, wenn unsere Vorstellung nicht erfüllt wird, unsere Pläne durchkreuzt werden. Das Qi, unsere innere Energie oder Lebenskraft, stockt dann und es kommt zu Verkrampfungen der Muskulatur in Unterleib, Bauch, Magen, Brust und Zwerchfell, der Atem stockt, der Nacken verkrampft, die Anfälligkeit für Kopfschmerzen steigt an, wir sind insgesamt gereizt und schlecht gelaunt bis ärgerlich.
Kleinere Leber-Qi-Stagnationen können entstehen (und sie entstehen immer wieder) dadurch, dass im Autoverkehr der Vordermann mal wieder viel zu langsam dahin schleicht, mein Gesprächspartner eine andere Partei gut findet als ich, der Nachbar das Treppenhaus wieder als Abstellkammer benutzt oder durch viele andere alltägliche Kleinigkeiten. Unsere Ordnung ist gestört worden.
Woran liegt es aber, dass uns diese Sachen manchmal gar nicht stören, wenn wir uns wohl fühlen, „einen guten Tag“ haben und das andere Mal könnten wir aus der Haut fahren bei Kleinigkeiten?
Dafür ist die Leber zuständig. Besteht ein Blutmangel oder fehlen die Stoffe, die die Leber hinzufügen muss, sind wir nervlich angespannt, der Schlaf wird schlechter, die Verdauung in Magen und Darm wird gestört, das Sehen wird unscharf, ständig läuft uns eine „Laus über die Leber“. Widerum verschlechtert sich die Blutproduktion, das planende Denken, die Orientierung im Raum wird schlechter, weitere gesundheitliche Probleme können entstehen.
Sogenannte Qi-Stagnationen entstehen aber auch durch Erschrecken, durch Verletzungen, eine schlechte Nachricht, aber auch durch längere Krankheit oder psychische Belastungen. Ein anderes Wort für Qi-Stagnation ist Stress.
Warum häufiger bei Kindern & Frauen?
Kinder und Frauen müssen sehr auf ihre Blutproduktion achten, da sie für sie viel wichtiger ist als für Männer (diese sind weder im Wachstum, noch haben sie unter momentanen oder vergangenen Blutverlusten durch Geburt und Menstruation zu leiden). Daher muss bei Frauen und Kindern eine Leber-Qi-Stagnation schneller wieder aufgelöst werden.
So hilft das Weinen, aber auch Anderes
Was kann man nun tun? Wir können den Qi-Fluss, nachdem wir geärgert wurden, wieder in Gang bringen durch z.B. Bewegung, Sport, durch tiefes gleichmäßiges Atmen, Lachen, Umarmt-Werden, Akupunktur, aber auch durch eine unserer frühesten Methoden gegen die Qi-Stagnation, durch das Weinen.
Es löst die Verkrampfungen im Zwerchfell, in der Brust, in der Gesichtsmuskulatur, im Bauchraum, die Tränen befeuchten die Augen und klären die Seele, das Qi beginnt wieder gleichmäßig zu fließen und die Stimmung klärt sich langsam auf.
Länger bestehende Qi-Stagnationen und chronischer Leber-Blutmangel (nach chinesischer Definition) bedürfen therapeutischer Maßnahmen, wie sie die TCM anbietet.
Vielleicht hat Ihnen diese kurze, vereinfachte Abhandlung über die Aufgaben der Leber etwas geholfen, um in Zukunft Ihre Kinder oder Partnerin besser zu verstehen, wenn wegen einer „Kleinigkeit“ hier und da die Tränen fließen oder wenn wir selbst auf Grund eines Leber-Blutmangels, der durch verschiedene Ursachen entstehen kann, in manchen Tagen viel schneller genervt sind als es uns selbst lieb ist.
In diesem Sinne, seien Sie gut zu sich selbst. Sport, Erlebnisse in der Natur, am besten in Gemeinschaft, natürliches Sonnenlicht, Meditation, Yoga und gute Ernährung (regelmäßig, in entspannter Atmosphäre, reich an bestimmten pflanzlichen Lebensmitteln) sind hervorragende Maßnahmen unserer Leber etwas Gutes zu tun. Und haben Sie nun vielleicht häufiger Verständnis wenn der Qi-Fluss nicht bei allen optimal funktioniert.